Le Chemin de la moindre Résistance

Tag 3: Zurück zur Natur - Immerhin

08:21 Uhr
Christiane ruft an. Es sei was los. Sie komme mit, habe sich soeben entschieden. Es sei ihr heute morgen klar geworden, das sie uns einen Tag zu begleiten habe. Wir verabreden uns am Freigehege Hellenthal und wandern bei strahlendem Sonnenschein, der nun schon seit Beginn der Wanderung auf Schritt und Tritt unser treuer Begleiter ist. Wir durchqueren Hellenthal auf der am Sonntag Mittag, kein Mensch auf der Straße bei diesem herrlichen Wetter. Wir fragen uns, wo die Leute sind?
12:48

Uhr Wir treffen auf der Suche nach einer Pause auf alle Hellenthaler in der Eisdiele an der den Ort zerteilenden Hauptstraße. Wie schön. Hier ist es auch gleich so belebt, das für uns kein Platz mehr frei ist. Wir nehmen das Eis auf die Hand und überqueren die Olef um in den Wald Richtung Grenze zu Belgien hinauf zu gelangen. Das Schild in der einen, das Eis in der anderen Hand versuche ich mich den Weg hinauf zu schleppen.


14:38 Uhr
Frauke schlägt den „kurzen Weg“ durch den Wald zur Oleftalsperre vor, um dort an einem schönen Kiosk einen Kaffee zu trinken. Wir müssten nur diesem Weg folgen, dann würden wir eine halbe Stunde Zeit sparen und könnten länger rasten. Christiane fragt, ob die Schneise denn die Bezeichnung „Weg“ denn überhaupt verdient habe. Es sei u. U. nur eine Spur von aus dem Wald geschleppten Bäumen, die am Ort des Baumschlags ende und wir seien dann hoffnungslos verloren. Der Mann mit dem Schild behauptet, das Schneisen schon immer die Vorstufe von Wegen gewesen sind, und sich spätestens mit uns die Schneise zu einem Weg entwickeln werde. Später sollte ich die Kühnheit dieser Behauptung bereuen, so sehr muss ich mich abmühen, das Schild den steilen Hand hinauf und zurück zum vor 20 Minuten verlassenen Weg wuchten. Als das klappt ist die Kraft zum Erreichen der belgisch-deutschen Grenze aufgebraucht und kann nur durch einen Kaffee am Kiosk „Andenken“ an der Oleftalsperre reaktiviert werden. Als der auch noch zu hat, und zwar nicht erst seit gestern, ist die Moral im Keller. Erst als ein älteres Ehepaar vorbei kommt, und aus der Dame: „Was soll das? Worum geht’s hier?" herausplatzt, kommt vorübergehend Heiterkeit auf, die in eine Achterbahn der Gefühle mündet bei der Beschreibung der Wahrnehmung ihrer Alltagswelt, die sich zusammensetze aus Massenträgheit und Trotz ob der Zustände in der Welt des Jahres 2023. Wir sprechen über Sinn und Unsinn von Umwegen im Leben. Sie geben zu Bedenken, dass das wunderbare Foto des Mannes im Anzug mit Schild im Unterholz, was sie soeben zu sehen bekommen haben, nur entstanden sei, da wir den Umweg in Kauf genommen haben. Sogleich geht mir der Sinn dieser Begegnung und der von Umwegen auf. Der Mann merkt noch an, er habe Hoffnung, als ich von meinen Begegnungen mit den Menschen auf meiner Reise durch die Eifel berichte. Die Menschen seien im letzten Jahr, als ich das Schild von meiner Haustür bis vor den Reichstag nach Berlin am Tag der Bundestagswahl 2021 schleppte, noch im Sessel eingeschlafen, inzwischen sei der Eine oder die Andere doch schon mal aufgestanden, um sich ein Bier zu holen oder einen Kaffee zu machen. Immerhin.